Hi alle!
Es ist jetzt, glaube ich, ein guter zeitpunkt gekommen, die geschichten, die ich um die ganze *sumari - stadt - traum - und skype - erlebnisse* geschrieben habe, öffentlich zu machen. Vielleicht inspiriert uns das für weitere erlebnisse.
DIE STADT
Der Hirte
Viele Wege führen durch den Verbotenen Wald. Keiner aus dem gemeinen Volk darf sie kennen, denn der Wald gehört nur dem Einen, der hoch oben, in der Burg auf dem schroffen Felsen, wohnt. Jagen ist ein Privileg der Herrschenden, eines von vielen. Die Gemeinen besitzen nur ein einziges, und das heißt Arbeit. Es wird ihnen in überreichlichem Maß zugestanden, immerhin. Da soll einer sagen, die Armen besäßen nichts! Wo ihnen doch so vieles zu eigen ist, wovon harte Muskeln, ein gebeugter Rücken und ein immer hungriger Magen nur ein kleiner Teil ihres nie versiegenden Reichtums ist.
Einer dieser, im Übermaß Gesegneten aber kennt die verborgenen Wege. Er durchstreift sie Tag für Tag, ohne jemals die grausame Strafe für ein solches Vergehen erleiden zu müssen. Er ist ein großer Anführer. Führt seine Truppe ohne Befehlston und ohne Stock oder Rute. Sie, die Ziegenherde, kennt ihren Herrn, und er kennt sie, liebt sie auch. Und deshalb braucht er keine herrische Stimme, um sie zu leiten. Er hat überhaupt keine Stimme. Ist stumm, seit Geburt. Nun, eigentlich hätte er schon eine Stimme. Aber sie ist rauh, ungeschult und nicht fähig, Worte und Sätze zu formen. Das nämlich hat er niemals gelernt. Keiner hat sich jemals liebevoll seiner angenommen, ihm die süß – lächerlichen Laute vorgelallt, aus deren dahin gesäuselten Vokalen und Konsonanten später einmal sinnvolle Worte, ja sogar Dichtung, Gesang oder etwa weise Abhandlungen werden können. Denn er, der Ziegenhirte Urs ist taub und deshalb stumm, gilt als blöde. In einer Weise ist er das auch. Denn Worte sind der Grundstoff des Denkens, und Worte sind ihm fremd.
Niemand kennt die Welt, die in seinem Inneren in bunten, irisierenden Farben, unglaublichen Schattierungen, fein abgestuften Gefühlsklängen, ja sogar Tönen, unerkannt und ungesagt, existiert. Ja, doch, natürlich, seine Tiere, genau gesagt, die Tiere seines Herrn, des Burggrafen. Sie sprechen seine unhörbare Sprache, geben auch Antwort. Ihre Sprache ist das Neigen des Kopfes, der sanft, verträumte Ausdruck ihrer klugen Augen, wenn er sie krault. Wenn er den Arm hebt, versammeln sie sich um ihn, wenn er winkt, folgen sie ihm, stehen völlig ruhig, wenn er ihre Euter sanft streicht, um den Milchfluss anzuregen, geben ihm gerne von ihrem Überfluss, der eigentlich ihren Zicklein zusteht. Sie verstehen einander, die Tiere und ihr Hirte, und diese Sprache bedarf keiner gesprochenen Worte.
Auf diesen geheimen Wegen, in diesem riesigen, verschatteten Reich, das niemals völlig erforscht oder vermessen wurde, ist Urs bei weitem nicht der Einzige, der sich in ihm bewegt. Da sind auch andere, niemandem untertan, ohne Besitz und Rechte, ohne Ansehen. Heraus gefallen aus dem engen Rahmen ihrer Welt, Gaukler, Diebe, Händler, Salbader, Huren und Straßenräuber, das bunte Volk der Fahrenden. So manchem fehlt ein Ohr oder sogar die Nase, Erinnerung an vergangene Strafen, denen in vielen Fällen noch andere folgen werden. Sie sind ein verschworenes Volk, von dem trotzdem ein Jeder für sich alleine kämpft. Nicht eine unverständliche Ethik hält sie davon ab, einander zu bestehlen und zu verraten, nur das Wissen um die Folgen dieser Handlungen. Denn die Fahrenden haben einen strengen Kodex, der auch Mord beinhaltet.
Manchmal führen sie auch andere mit sich, wie ein Fluss, der so manches in seinem Wasser mit sich trägt, das nicht ihm zugehört. Das zarte, elfenhafte Mädchen, still, scheu und so vollkommen nicht von dieser, ihrer Welt – wo hat es sich ihnen eigentlich angeschlossen? Keiner weiß das wirklich. Keiner braucht es wirklich. So lange es nicht zu viel aß oder ihren Zug behinderte, störte es auch keinen wirklich. Die Hure Astrid hatte sich, aus irgendeinem schwer verständlichen, sentimentalen Grund, der Kleinen angenommen, vielleicht auch nur, um sie Gewinn bringend in einer der Städte anzubieten. „Fee“, sagte sie, während sie es mit abschätzender Gutmütigkeit ansah, „du bist eine Fee, und so heißt du ab jetzt.“
Virtuelles Lagerfeuer
„Oh, gleich 9 h! Martin, bist du ein Lieber, schaust mal nach dem Kleinen, ja? Wahrscheinlich schläft er ohnehin, aber ich habe mehr Ruhe, wenn ich sicher bin. Du weißt ja, unsere wöchentliche Sitzung...“
Martins gespieltes, überdeutliches Augenverdrehen und seine spöttische Bemerkung: „Ach ja, du bist ja die Oberhexe, schau dass du dich auf deinen Besen schwingst, sonst verspätest du dich noch!“, quittiert V. Mit einem belustigten Kichern und einem zärtlichen Kuss. Dann verschwindet sie im Arbeitszimmer und setzt sich an den Computer. Schon ertönt das Dumdidum, dumdidum des skype – Signals. Die Runde ist versammelt.
Sie kennen einander nicht persönlich, nur aus einem einschlägigen Forum, das sich mit, nun ja, esoterischen Themen befasst. Sie haben vereinbart, sich einmal pro Woche zu einer Gesprächsrunde via skype zu treffen und gegebenenfalls verschiedene Erlebnisse zu besprechen oder auch sog. ASW –Experimente zu machen. Diesmal wollen sie es mit dem ouija – board versuchen.
Alle Fünf melden sich nun auf einmal, was ein ziemliches Durcheinander verursacht. Die Rähmchen um die Avatarbildchen leuchten in chaotischem Rhythmus auf, während V. Schon mal das board zurecht rückt und den Finger auf die Planchette legt. Die beginnt sofort wild herum zu fuhrwerken. Es bleibt V. nicht mal richtig Zeit für einleitenden Smalltalk.
„Also, wenn ihr daran interessiert seid, ich habe da schon etwas bekommen, während ihr geplaudert habt. Es ist aber ein ziemliches Gestammel.“
„Na klar, lies vor, das ist ja ungeheuer spannend!“, schreit M., die es nicht erwarten kann, in ihrer Neugierde. Sie selbst hätte ja schon oftmals mit dem board experimentiert, aber leider will es ihr alleine nicht so recht gelingen.
„Also hört, aber, wie gesagt, seid dann nicht enttäuscht, es ist sehr wirr“:
Vor langer Zeit in Europa
Vieles ist anders
Wir stehen zusammen
Wir sind einsam
Wir sind fünf
Wir sind fünf
Wir sind an guten Orten
Norden ist ein guter Ort
Wieder rufen alle durcheinander. Sie sind verblüfft. Sollte sich das wirklich auf sie beziehen? Immerhin sind sie fünf.
„Wartet, es geht noch weiter“, unterbricht V., die Frau am Brett, den Begeisterungsausbruch.
M. ist Hirte
Kirche in der Klamm
Hirte von Feuer
Urs war sein Name.
Urs war Hirte im Wald
und hatte viele Ziegen
Wilde Herde
Keine - ? -
Urs war wild
Wild und tumb
Urs war taub
Wild und taub
Hirte von Feuer und von Fee..........................................................................................................................
Schweigen im skype – land. Verblüffung. In welch wilde Geschichte sind sie da unversehens hinein geraten?
„Mittelalterliche soap opera, scheint‘s“. E. Versucht, ihre Verblüffung unter trockenem Sarkasmus zu verbergen.
„Wie eine Moritat, von einem Bänkelsänger vorgetragen“, sagt M.
G., behält am ehesten den Durchblick. Sie meint, dass das ganze mit der Zeit sicher deutlicher und verständlicher werden wird.
A. schweigt. Sie ist noch zu mitgenommen von all den Informationen. Sollten sie einander wirklich schon getroffen haben, in anderen Leben, in anderen Zeiten?
In das beredte Schweigen hinein ertönt Vs. Stimme: „Was soll das mit der Stadt? Sind wir die Fünf, der Rabenclan? Wir sollen eine Stadt bauen, wie denn? Also, ich versteh‘ das nicht!“
„Wartet mal. Ich habe da so eine Idee“, sagt G., "aber haltet mich nicht für verrückt. Was, wenn wir das Spiel einfach mitspielen....?“
E. fragt: „und wie stellst du dir das vor, mitspielen?“
G. antwortet: „Nun, wir könnten einfach eine Traumstadt bauen oder eine Fantasiestadt, also, ich meine, natürlich nicht materiell, sondern im Geiste, alle miteinander und sehen, was dann geschieht, ob das die Geschichte irgendwie verändert. Was meint ihr?“
Während dessen hat Vs. flinker Zeigefinger schon wieder ganze Arbeit geleistet.
Ja Rabenklan
ja fünf
ja Stadt Fee
„Ja, dann werden wir uns mal an die Arbeit machen“, sagte M. in ihrer gewohnt, praktischen Art. „Womit sollen wir beginnen? Welche Form geben wir der Stadt? Rund, quadratisch, rechteckig?“
Man einigte sich sehr schnell auf rund, rund schien eine runde Sache, und ein markanter Mittelpunkt, ein spirituelles Zentrum womöglich.
„Oh ja!“, rief G. begeistert, „eine Pyramide, was haltet ihr von einer Pyramide?“
Diese Idee rief allgemeine Begeisterung hervor, und man einigte sich schnell auf sie als zentrales Element der Traumstadt.
Das war natürlich eine Motivation, sich erneut auf eines ihrer virtuellen Lagerfeuerprojekte zu konzentrieren, „luzides Träumen“, wo es darum geht, sich des Träumens im Traum bewusst zu sein und es deshalb auch bewusst steuern zu können.
„Gute Güte!“, rief M., „das ist einer meiner vielen Schwachpunkte. Daran arbeite ich schon so lange, leider ohne Erfolg. Ich glaube, auf meine Hilfe beim Bau der Pyramide könnt ihr nicht vertrauen, solange ich das nicht schaffe. Aber ich werde mein Bestes tun, vielleicht gelingt es mir ja.“
In dieser Nacht gab es fünf Frauen mittleren und gesetzteren Alters, die mit allen Kräften versuchten, ihren Körper in den Schlaf zu versetzen und ihren Geist wach und bewusst zu halten, empfohlenerweise mit dem Kopf nach Norden. M. lag dabei, zum wievielten Mal eigentlich, ihrem Ehegespons zu Füßen, weil ihr Bett das Kopfteil im Süden hatte. Ob ihnen dabei wohl Erfolg beschieden war?
sumari - rabenclan - geschichten
1Wunder sind nicht die ausnahme von der regel, sondern die natürliche, wahre ordnung der dinge (Bashar).