mein garten - die unendliche geschichte

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Hier also meine gartengeschichte:

Wir haben von 11 jahren einen rohbau erworben, im westlichsten zipfel des waldviertels, an der tschechischen grenze, auf 936m seehöhe. Man sagt, es sei hier 9monate winter und 3 monate kalt. Das ist natürlich eine übertreibung, aber rau ist es hier schon. Er hatte vier wände, teilweise steinmauern mit 1m dicke, ein stohdach, sonst nix, keine zwischendecken, keine fußböden, keine leitungen, keine fenster und türen, keine installationen. Wir hatten: keine mittel mehr, keinen kredit, aber 4500m2 land, teilweise auf bauschutt, großteils moorwiese. Während wir mit den, zum glück vorhandenen, ziegeln, uralten, dicken brettern von einer 200 jahre alten scheune, die wichtigsten einrichtungen bauten, rodete ich erst einmal einige m2 ums haus für den garten. Denn ein garten war mein traum.
Ich träumte von selbstversorgung.

Die kräuter und pflanzen hatte ich z.t. aus meinem alten garten, der in einem alten gutshof lag, auf dem wir vorher gelebt hatten, mitgenommen. Das waren vor allem kräuter: salbei, melisse, ysop, minzen aller art, färberkamille, thymian, liebstöckel, angelika, herzgespann, alant, goldmelisse, wermut u.v.m.
Mein mann besorgte erde von einem aushub unseres nachbarn, die wir für den gemüsegarten aufschütteten und mit kompost (auch hergekarrt von meinem alten komposthaufen, 50 km entfernt :lol: ) versorgten. Mit den jahren erweiterte ich den garten nach und nach. Selbstversorgung allerdings habe ich niemals komplett hinbekommen. Denn das gemüse wird erst spät reif, und das lagergemüse müsste bis in den september hinein reichen, bis die neue ernte beginnt. Aber zumindest teileise kann ich uns selbst versorgen.

Obst wächst bei uns nicht, die johannisbeeren gedeihen gut, die brombeeren frieren im winter ab, die himbeeren sosolala. Erdbeeren gab es voriges jahr in massen. Holunder habe ich in der hecke, der wald ist voller heidelbeeren. Cranberrys haben wir vor zwei jahren gepflanzt, auch sie fühlen sich hier wohl.
Fortsetzung folgt.

lg morgane
Wunder sind nicht die ausnahme von der regel, sondern die natürliche, wahre ordnung der dinge (Bashar).

Re: mein garten - die unendliche geschichte

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....hab ich das richtig gelesen, du bist Herrin über 4.500 m² Land ?!? Hast du Hochlandrinder, Ziegen ? Und vielleicht ein Eselchen...?

oh Gott, du lebst meinen Traum! Oder sagen wir so: einen meiner Träume. Genauer gesagt: eine meiner Aussteiger-Fantasien....

Ysop hab ich auch, weiss und blau, aber nur 2 kleine Pflänzchen, im letzten Herbst denkbar ungünstig auf eine winzige Unkrauthalde gepflanzt.
Tun die sich selber versamen ?

feuervogel

Re: mein garten - die unendliche geschichte

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Ja, ich hatte ursprünglich einige schafe und auch ziegen - mit einem wunderschönen ziegenbock namens Pan (na klar ;) ), die wir von dem gutshof, wo wir eine kleine biolandwirtschaft betrieben, mitgenommen hatten. Leider mussten wir die tiere aber abgeben, weil unsere wiese zwar eine wunderschöne moorwiese mit orchideen und wollgras ist, für die tiere aber viel zu nass war. Sie hatten ständig klauenfäule.

Aussteigerphantasien, die hatten wir, genauer gesagt, eigentlich ich, auch. Irgendwann haben wir sie dann verwirklicht, mit allen schwierigkeiten und problemen, die man ohne die entsprechenden mittel, naturgemäß hat.

Ein befreundeter botanikprofessor hat uns 1993 die möglichkeit geboten, an einem seiner projekte, einem museumsgarten in Zwettl, mitzuarbeiten. Ich kündigte also meine stelle als heilmasseurin in Wien und unsere wohnung, und wir zogen in ein gemietetes bauernhaus. Ich erhielt die gelegenheit, eine AMS - geförderte ausbildung beim *ökokreis* zu machen, als landschaftspflegerin, genau das grundwissen, das ich brauchte.
Leider gab es für das projekt nach zwei jahren keine förderung mehr, und so stand ich, nach beendigung der ausbildung, ohne die stelle da.

Da wurde uns das angebot gemacht, einen alten, nicht mehr bewirtschafteten, gutshof zu betreuen. Die besitzerin, eine gräfin soundso, hatte den pferdestall in wunderschöne seminarräume ausbauen lassen und erhoffte sich von uns, dass wir die seminartätigkeit ins rollen brächten. Was wir auch taten, mit gutem erfolg, Landwochen für Schülergruppen etc. Es war ein richtiges zentrum für alternative, spinner und andere wahnsinnige mit indianischen schwitzhütten, heidnischen jahreskreisfesten, bio - hoffesten, selbst gemachtem käse, schwerer, körperlicher arbeit von früh bis spät und einer schönen gemeinschaft mit den anderen hofbewohnern. Wir boten den eingeborenen dörflern auch irgendwie ein kontrastprogramm zu ihrem leben.

Wir pachteten 3 hektar von ihrem land und bewirtschafteten es: kräuter, gemüse, erdäpfel, wollschweine, ziegen und schafe. Dabei half uns ein mitbewohner, der die maschinen besaß. Da wir aber keinen langjährigen pachtvertrag von der gräfin erhielten und für alle stallungen und nebenräume miete berappen mussten, konnten wir nichts investieren, was die vermarktung verunmöglichte. Siehe vermarktungsvorschriften der EU.

Nach einigen jahren kam die gräfin zur überzeugung, dass schülergruppen nicht genug geld einbrächten. Da aber nur gemeinschaftsschlafräume vorhanden waren, kamen andere seminare nicht in frage. Wir suchten also eine neue heimstatt und fanden dieses kleine hausfragment in der einschicht. Mit hilfe eines vorschusses auf mein erbe konnten wir es erwerben. Zeitweise hatte ich arbeit, zeitweise war ich arbeitslos, so *g'fretteten* wir uns halt durch. Dann konnte ich für die umweltberatung in schulen und kindergärten märchen erzählen. Dadurch sicherte uns über jahre ein bescheidenes auskommen.
Wenn ich zurück schaue, erfasst mich immer noch ein gewisser schwindel. Heute würde ich mich nicht mehr über so etwas drüber trauen. Das ist also die aussteigergeschichte. Hier, im waldviertel, gibt es aber eine menge solcher romantischer spinner, manche erfolgreich, manche nur spinner. Zu diesen zähle ich mich auch. Aber ich möchte um keinen preis mehr zurück in mein altes leben.

lg morgane

Ja, wir lebten unseren traum, es war ein ständige drahtseilakt, die meiste zeit wirklich immer hart am oder über dem limit und eigentlich auch schon in gesetzterem alter.
Wunder sind nicht die ausnahme von der regel, sondern die natürliche, wahre ordnung der dinge (Bashar).

Re: mein garten - die unendliche geschichte

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Hallo Morgane,

ich würde sagen, wenn Du mal in vielen Jahren auf die andere Seite gehst, wirst Du rückblickend sagen: "Ich habe meine Zeit in diesem Fokus absolut hervorragend und optimal genutzt, um einzigartig wundervolle Erfahrungen zu machen. Ja, ich war erstaunlich mutig, und statt gelangweilt herumzuhängen, habe ich die Ärmel hochgekrempelt und mich in jeder Beziehung tatkräftig an die Gestaltung meiner Realität gemacht und dabei unglaublich viel gelernt. (Was Du hier noch nicht erwähnt hast, das ist Deine sehr beeindruckende schriftstellerische Tätigkeit.)

Ich bin beeindruckt! Das ist ja geradezu umwerfend.

Liebe Grüße
Gilla

Re: mein garten - die unendliche geschichte

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Na ja, es ging ja eigentlich um den garten und seine vorgeschichte. Und ja, es war schon spannend und abwechslungsreich, und es hat meinen zweiten lebensabschnitt schon gehörig aufgepeppt :lol: Jetzt ist ja unser lebensschiff in ein wesentlich ruhigeres fahrwasser eingelaufen, was auch nicht gerade unangenehm ist.
Apropos lebensschiff. Damals, als alles begann, hatte ich einen witzigen traum, aus dem ich, laut lachend, erwacht bin: drei seemänner schoben ein schiff (meines) in gerade mal bootsgröße, salutierend und eines dieser militärisch klingenden lieder der marine singend, aus einem hafenbecken ins offene meer.

lg morgane
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Re: mein garten - die unendliche geschichte

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Hi Feuervogel!
Eigentlich wollte ich damit demonstrieren, dass das, was man wirklich will, auch in erfüllung gehen kann. Nicht unbedingt problemlos, aber trotzdem. Also, leinen los, auf gehts, mitten hinein ins land der wünsche, nein der erwartungen!
Jetzt bist aber du dran mit deinen gartengeschichten. Wo und wie pflanzt und erntest du deine träume?

lg morgane
Wunder sind nicht die ausnahme von der regel, sondern die natürliche, wahre ordnung der dinge (Bashar).

Re: mein garten - die unendliche geschichte

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Leinen los! Das ist ein guter Wahlspruch und irgendwie paßt er auch zu meiner Garten-story. Dabei habe ich nie von einem Garten geträumt, sondern von einem Schiff. Seit 4 Jahren liegt es dick eingepackt und äußerst renovierungsbedürftig an Land. Unser derzeitiger Liegeplatz ist für das Schiff ungeeignet. Der Wasserspiegel schwankt zu stark. Das ist typisch für unseren Wohnort.

Wir leben in einem ehemaligen Fischer-Viertel, wo die Leute inzwischen hauptsächlich Urlaub machen, Tür an Tür mit Millionären, schrägen Vögeln und alteingesessenen Pensionisten. Was die Menschen hier verbindet: sie haben statt Autos, Boote in ihren Garagen. Darüber wird gewohnt. Es gibt nur eine einzige normale Strasse und einen kleinen Kiesweg. Der Rest ist ein Kanalsystem, das nur mit Booten befahren wird. Unser Bootsplatz befindet sich in einem dieser Kanäle, aber unser Haus liegt am kleinen Kiesweg direkt dahinter. Deswegen haben wir keine Bootsgarage, sondern ein Grundstück und dort buddle ich herum. Sehnsucht nach dem See habe ich trotzdem. Aber kommt Zeit, kommt Schiff. Inzwischen tröste ich mich mit Rosen und Kartoffeln und mit Königskerzen und flüstere mit Schnecken.

feuervogel

Re: mein garten - die unendliche geschichte

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Aha! du hast also, wie man so sagt, nahe am wasser gebaut, auch wenn das im herkömmlichen sinn etwas anderes bedeutet. Das erinnert mich daran, dass Seth gesagt hat, die nähe zu einem offenen gewässer fördere die psychischen fähigkeiten. Was in deinem fall völlig zutreffend wäre.

Das ist natürlich eine ganz andere qualität, und ich kann mir vorstellen, dass der riesige see für das lebensgefühl der anwohner stark bestimmend wirkt. Auf rein physischer ebene ist das klima bei euch recht mild und feucht, glaube ich. Ich erinnere mich da an die bodenseeinsel Mainau, die ja für ihre pflanzenpracht berühmt ist. Ihr seid dann ja für gartenbau prädestiniert - und für schnecken auch ;). Dann flüstere mal emsig, du wirst sicher einiges in dieser richtung zu tun haben :lol:

lg morgane
Wunder sind nicht die ausnahme von der regel, sondern die natürliche, wahre ordnung der dinge (Bashar).

Re: mein garten - die unendliche geschichte

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feuervogel hat geschrieben: Ysop hab ich auch, weiss und blau, aber nur 2 kleine Pflänzchen, im letzten Herbst denkbar ungünstig auf eine winzige Unkrauthalde gepflanzt.
Tun die sich selber versamen ?
Tschulligung, hab ich zu spät registriert :oops:
Möglicherweise samt er sich auf unbeachsenem boden selbst aus. Bei mir hat er es noch nie getan. aber er lässt sich gut teilen, wenn der wurzelstock ein wenig größer ist. Das wird er bald, so in zwei jahren ungefähr.

lg morgane
Wunder sind nicht die ausnahme von der regel, sondern die natürliche, wahre ordnung der dinge (Bashar).